Die Fliegerei in Vechta |
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Sie werden sich nun fragen, was hat die Fliegerei in Vechta mit dem Fliegerhorst Ahlhorn zu tun. Nun, ab April 1944 agierte der Fliegerhorst Vechta als Leithorst für den Fliegerhorst Ahlhorn. |
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Definition Leithorst 1): |
In jedem Flughafenbereich wurde ein Fliegerhorst als Leithorst bestimmt. An den Leithorst der Sitz des Kommandanten einen Flughafenbereichs war, wurden alle Flugplätze nachrichtentechnisch angeschlossen. Der Leithorst verfügte über eine Luftnachrichtenkompanie, während die Kommandanturen aller Gruppen nur eine Luftnachrichtenstelle besaßen. Wobei mir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz klar ist, ob der Leithorst auch z.B. für das Nachschubwesen, sprich Ersatzteile, Treibstoff und Verpflegung verantwortlich war oder daß in die Befehlsgewalt der Platzkommandantur fiel. |
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Schon weit vor 1944 fand die Zusammenarbeit zwischen den Plätzen statt. Aus den Tagebuchaufzeichnungen des damaligen Bauleiters auf dem Fliegerhorst Vechta Theo Fortmann ist jedoch überliefert, daß dieser nach Fertigstellung der Bauarbeiten auf dem Platz in Vechta, die Bauleitung für den Fliegerhorst Ahlhorn mit übernahm 2): |
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Eintrag vom 02.07.1942: "Heute Nacht war ein schwungvoller Angriff der Engländer auf Vechta. Mehrere Bomben gefallen, sämtliche Schaufensterscheiben in der gr. Straße sind bald in dutt. Seit Febr. bin ich hier auf dem Fliegerhorst eingezogen, zur Dienstleistung bei der Bauleitung. Seit dem 8. Februar bin ich Bauleiter u. Betriebsführer der Bauleitung (30 Personen). Seit 15. Juni habe ich auch die Plätze Ahlhorn, Varrelbusch u. Bissel zubekommen. Sehr viel Arbeit. Verdiene ganz gut." |
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Eintrag vom 03.07.1942: "Heute war ich in Ahlhorn, Baustelle besichtigt. Durch Angriff in der Nacht, sehr viel Arbeit heute (Vechta)." |
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Eintrag vom 08.07.1942: "In einem Doppeldecker einen Rundflug gemacht, bis Ahlhorn gewesen." |
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Leider finden sich für die Folgezeit bislang keine weiteren Dokumente, die auf eine Zusammenarbeit zwischen den Plätzen hinweisen. Dieses wird aber vom Verfasser stark angenommen. |
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Bis Mitte 1944 fand auf dem Fliegerhorst Ahlhorn die Grundausbildung von Rekuten statt, die später zu Luftwaffen Felddivisionen und Fallschirmjägern weiter versetzt wurden. Erst danach ging es mit der regelmäßigen Nutzung des Platzes als Fliegerhorst los. Wie die Geschichte des Platzes Ahlhorn dann weitergeht, findet sich auf diesen Seiten. Mit der Fliegerei in Vechta ging es jedoch deutlich früher los als in Ahlhorn. Bereits am 04.10.1931 fand in Vechta mit Unterstützung des Bremer Vereins für Luftfahrt der 1. Flugtag statt. 3 - 4.000 Zuschauer strömten auf die Wiese neben dem St.Thomas Kolleg um die artistischen Kunststücke des frisch gebackenen deutschen Kunstflugmeister Gerd Achgelis zu bewundern. Schleppstarts von Segelflugzeugen und weitere Flugvorführungen rundeten das Bild eines gelungenen Flugtages ab. |
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Fortsetzung folgt! |
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Bevor es jedoch weitergeht. Wer jetzt schon weit mehr über die Geschichte der Fliegerei in und um Vechta erfahren möchte, dem sei das nachfolgende Werk empfohlen. Ein Kompendium auf über 500 Seiten. Mehr geht nicht: |
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Nachfolgend schon ein paar Bilder aus dem Buch, auf die noch näher eingegangen wird. Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich mein Eigentum ein wenig geschützt habe. |
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Begrüssung des Atlantikfliegers Hermann Köhl (rechts) am 04.06.1932 durch den Bürgermeister der Stadt Vechta Dr. Robert Brandis (links) auf dem Flugfeld in Vechta anläßlich des ersten Großflugtages. Im Hintergrund ein ausrangierter Eisenbahnwagon, der als Büro diente. Warum Atlantikflieger? - Hermann Köhl war es zusammen mit Major J.C.Fitzmaurice und Freiherr Ehrenfried von Hünefeld am 12./13.04.1928 erstmalig mit einem Flugzeug, der Junkers W33 "Bremen", gelungen von Europa von Ost nach West (quasi mit Gegenwind) den Atlanitk zu überqueren. Charles Lindbergh flog ein Jahr zuvor von West nach Ost (mit Rückenweg). Die "Bremen" kann übrigens heute in der "Bremen-Halle" auf dem Bremer Flughafen besichtigt werden. |
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Ebenfalls zu Gast auf dem Flugtag in Vechta waren 4 englische Maschinen (im Hintergrund sichtbar), die eigens die Reise von England nach Vechta antraten, um den Flugtag zu besuchen. Die englischen Gäste finden sich auf der Mitte des Fotos in der ersten Reihe - umringt von den Organisatoren und Gästen des Flugtages. Wie kam es dazu? Im November 1931 flogen der frisch gebackene deutsche Kunstflugmeister Gerd Achgelis mit seiner Fw 23 D-1610, der Chefpilot der Focke-Wulf Flugzeugbau AG Cornelius Edzard mit einer Fw 19 "Ente" und als Gast der Vechtaer Kaufmann Max Middendorf nach England um dort das neueste Produkt der Focke-Wulf Flugzeugwerke, die Fw 19 "Ente" vorzustellen. Hier wurde die Einladung ausgesprochen, die im Folgejahr dann sichtbar umgesetzt wurde. |
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Wir springen in das Jahr 1933. Erneut wurde in Vechta am 05.06.1933 ein Flugtag abgehalten. Während im Vorjahr der Flugtag über zwei Tage ging und leider ein finanzieller Flog wurde, reduzierte man die Veranstaltungen des Flugtages auf einen Tag. Erneut waren wieder englische Flieger mit ihren Angehörigen zu Gast, deren Maschinen im Hintergrund zu sehen sind. Der Gauleiter des Gaues Weser-Ems Carl Röver hält seine Begrüßungsrede. |
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Der Flugtag aus einer anderen Perspektive. Den Vechtaer Vereinsmitgliedern war es mitlerweile gelungen, Finanzmittel zum Bau einer hölzernen Flugzeughalle zu bekommen. Zu sehen sind die Maschinen des Flugsportverbandes Ruhrgau aus Essen (D-2087), eine BfW M 23 b1, dahinter eine Klemm L 26 a II 32 (D-1832) der Luftvereinigung Münster und eine Klemm 32 b "Wangerooge" des DLV Ortsgruppe Oldenburg, mit der der Reichsstatthalter Carl Röver mit seinem Piloten August Lauw von Wangerooge zum Vechtaer Flugtag angereist. Am Vortrag hatte er den neu errichteten Westturm auf der Insel Wangerooge eingeweiht. |
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Vor der Kunstflugmaschine von Gerd Achgelis (in der Mitte mit einem weißen Overall), einer Fw 44 "Stieglitz" D-2409 haben sich zusammen gefunden (v.l.n.r.): Ernst-August Wohlberg (Konstrukteur bei der Focke-Wulf Flugzeugbau AG, Fluglehrer, BLV), Otto Meyer (Flugleher und Mitglieder des Bremer Vereins für Luftfahrt), Wilhelm Harzog (Betriebsleiter bei der Focke-Wulf Flugzeugbau AG und Mitglied des BLV), Reichsstatthalter Carl Röver, unbekannt, unbekannt, unbekannt und Max Middendorf (Vereinsvorsitzender des Vechtaer Luftfahrtvereins). Der Bremer Verein für Luftfahrt steuerte stets sein Know-How und seine Flugzeug zum Gelingen der Flugtage bei. |
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Diese Aufnahme stammt vom 16.09.1934. An diesem Tag wurde das neue Verwaltungsgebäude auf dem Fliegerhorst eingeweiht. Als ungeplanter Gast erschien die Kunstfliegerin Liesel Bach mit Begleitung auf dem Flughafen in Vechta um eine Motorstörung zu untersuchen. Bei der Maschine handelte es sich um eine Klemm L 28 XIV (D-2495). Hier sieht man sie gerade, wie sie sich im Gästebuch des Luftfahrtvereins Vechta einträgt. Daneben in der Uniform des neu gegründeten DLV (Deutscher Luftfahrt Verband) Max Middendorf mit angelegten Orden- und Ehrenzeichen des 1. Weltkrieges. |
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Nachdem die private Fliegerei eingestellt werden mußte und alle Vereine zwangsweise aufgelöst wurden, errichtete die Luftwaffe in Vechta einen militärischen Fliegerhorst mit einer asphaltieren Landebahn und Gebäuden aus rot-blau-bunten Klinker aus Bockhorn stammend. Bis 1939 war auf dem Platz die Fliegerwaffenschule E stationiert Anschließend diente der Platz verschiedenen Kampffliegerverbänden als Aufmarschplatz für den Westfeldzug. Hier sieht man Angehörige des KG 27 bei "Überlebenstraining" im Wasserbecken des Offizierskasinos. |
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Die obige Aufnahme zeigt die Bf 110 vom Typ E-1 mit schwarzen Tarnanstrich. Zu Beginn der Nachtjagd wurden die Maschinen noch schwarz lackiert, weil man annahm, daß sie damit schwerer erkennbar wären. Das änderte sich allerdings im Verlauf. Die Kennung "D 5" vor dem Balkenkreuz gibt sie als Maschine des Nachtjagdgeschwaders 3 zu erkennen, welches in Vechta aufgestellt wurde. Das Nachtjagdgeschwader 3 entstand aus dem Zerstörer V.(Z)/Lehrgeschwader 1, welches nach schweren Verlusten in der Schlacht um England aus dem aktiven Einsatz genommen wurde. In der Nachtjagd fanden die Zerstörereinheiten ein neues Betätigungsfeld. Geflogen wurde die obige Maschine seinerzeit von der Besatzung Oberleutnant Altendorf/Uffz. Arndt im Rahmen der Operation "Donnerkeil", die vom 11.-13.02.1942 durchgeführt wurde. Alle Maschinen, die an dieser Operation Teilnahmen erhielten das gelbe Rumpfband. |
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Diese Aufnahme, die vor dem Krankenhaus in Vechta entstand, zeigt den Weg eines gefallenen Besatzungsmitgliedes von der Kapelle des Krankenhaus, wo die Verstorbenen aufgebahrt wurden, auf den bereit gestellten Transport Lkw und der Ehrenformation des Fliegerhorstes. Anschließend erfolgte die Überführung des Gefallenen mittels Bahntransport in sein Heimatort. Der Tag der Aufnahme und der Name des Gefallenen sind nicht bekannt. |
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Die obige Aufnahme besiegelt das endgültige Ende des Fliegerhorstes Vechta. Am 24.03.1945 starten 175. Flugzeuge der 8. US Bomberflotte von Ihren Basen in England (es sind Bombenflugzeuge verschiedener Einheiten beteiligt) und legen den Platz zwischen 09.00 und 09.30 Uhr Ortszeit in Schutt und Asche. Zu groß ist der Angst der Alliierten, daß von den Plätzen in Norddeutschland noch Jagdflugzeuge starten und den Vormarsch der Alliierten noch großartig aufhalten könnten. Ein Programm (Verlängerung der Startbahn) um Jagdflugzeuge wie die Me 262 starten zu lassen, hatte auch bereits in Vechta begonnen. Es sei noch angemerkt, wie genau im Jahre 1945 die alliierten Bombenabwürfe waren. Hätte der führende Bomber seine Bomben nur 1-2 Sekunden später abgeworfen, so wäre nicht nur der Fliegerhorst sondern auch das Stadtgebiet in Mitleidenschaft gezogen worden. |
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Die obige Aufnahme verdeutlich wie gut die amerikanischen Einheiten den Platz nebst seiner Infrastruktur getroffen haben. Zur besseren Erkennbarkeit habe ich einige Beschriftungen vorgenommen. Von Vechta sollte sich nie wieder ein Flugzeug erheben. |
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Wer sich noch weiter mit der Geschichte der Fliegerei in und um Vechta beschäftigen möchte, dem sei das obige anz Herz gelegt. Neben den Anfängen, der militärischen Zeit und der Nachkriegszeit erhält das Werk auch zahlreiche Anlagen zum Flakschutz rund um den Platz, die Einheiten die dort stationiert waren, einer Personalliste, einer Übersichtskarte mit der Bebauung Heute und Damals, den in Vechta registrierten Bombenabwürfen und noch vieles mehr. Viel Spaß beim Lesen! |
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Quellenangaben |
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1.) Matiello Gianfranco: Fliegerhorstkommandanturen und Flugplätze der deutschen Luftwaffe 1935-1945, morgana edition 2013 |
2.) Tagebuch Bauleiter Theo Fortmann. Transkription liegt dem Verfasser in Kopie vor. |
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Copyright Jan-Bernd Uptmoor 2021 |
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Stand 17.05.2021
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